LRS ab Klasse 10 (Oberstufe) und in den Abiturprüfungen – Welche Regelungen gelten hier?

 

Zu den Inhalten und der Anwendung des LRS-Erlasses haben wir in unseren vorhergehenden Beiträgen bereits ausführlich berichtet.

In besonders schwerwiegenden Fällen bleibt auch in der Oberstufe trotz intensiver Förderung der Bedarf nach einem Nachteilsausgleich bestehen. Der LRS-Erlass gilt hier jedoch nicht mehr. Daher möchte ich Ihnen in diesem Beitrag einen kurzen Überblick dazu geben, welche Regelungen in der Oberstufe und für die Abiturprüfungen gelten.

Nachteilsausgleich in der Oberstufe

Für LRS-Schüler/innen an Gesamtschulen und Gymnasien gilt in den Klasse 9-12/13 die APO-GOSt; für Jugendliche im Berufkolleg gilt in allen Klassen die APO-BK.

Dabei gibt es drei große Unterschiede zum LRS-Erlass:

  • Die Entscheidung über die Gewährung des Ausgleichs liegt nicht mehr in Händen der einzelnen Deutschlehrkräfte, sondern bei den Schulleitungen.
  • Die Eltern müssen einen Antrag auf Gewährung eines Ausgleichs bei der Schulleitung stellen und dabei nachweisen, dass
  1. ihr Kind bereits in der Sekundarstufe ein LRS-Kind im Sinne des Erlasses war und
  2. trotz intensiver Förderung weiterhin von LRS betroffen ist
  • Ab der Klasse 9 sind nur noch Maßnahmen des Nachteilsausgleiches möglich, wie z.B. Zeitzugaben. Ein Notenschutz entfällt gänzlich.

Weitere mögliche Maßnahmen sind neben der Schreibzeitverlängerung, das mündliche Abfragen von Vokabeln, Arbeit am Computer und separate Prüfungsräume. Diese Maßnahmen werden nicht im Zeugnis vermerkt.

Die Eltern sollten den Antrag zur Anerkennung ihres Kindes als LRS-Schüler/in mindestens zwei bis drei Monate vor Eintritt in die Oberstufe bei der Schulleitung stellen.

Hierzu bedarf es entsprechender Nachweise, dass für das Kind bereits in der Sekundarstufe der LRS-Erlass zur Anwendung kam (z. B. Vermerk auf dem Zeugnis) und dass eine Förderung stattgefunden hat inkl. des angewandten Förderkonzeptes.

Nachteilsausgleich in den Abiturprüfungen

Für die zentralen Abiturprüfungen gelten nochmals andere Regelungen, die in der „Verordnung über den Bildungsgang und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe“ (APO-GOSt) festgehalten sind. Da heißt es in § 13:

„[…] Bei der Bewertung schriftlicher Arbeiten sind Verstöße gegen die sprachliche Richtigkeit in der deutschen Sprache und gegen die äußere Form angemessen zu berücksichtigen. Gehäufte Verstöße führen zur Absenkung der Leistungsbewertung um eine Notenstufe in der Einführungsphase und um bis zu zwei Notenpunkte gemäß § 16 Abs. 2 in der Qualifikationsphase. […]“

Was den Nachteilsausgleich betrifft, so hat nicht die Schulleitung, sondern die obere Schulaufsichtsbehörde über dessen Gewährung zu entscheiden, da es sich bei den Abiturprüfungen um landeseinheitlich gestellte Aufgaben handelt.

Das bedeutet konkret, dass die Eltern bei der Schulleitung einen Antrag auf Gewährung des Nachteilsausgleichs stellen. Die Schulleitung stellt daraufhin einen Antrag bei der oberen Schulaufsichtsbehörde. Diese entscheidet dann über die Gewährung.

Auch hier gilt: Die Rechtschreibleistung fließt in die Benotung mit ein. Es können nur Ausgleiche wie beispielsweise Schreibzeitverlängerung oder separate Räume zugelassen werden.

Die Schulaufsichtsbehörde gewährt die Anträge nur beim Nachweis besonders schwerwiegender Beeinträchtigungen der Lese- und Schreibleistung.

In der unten aufgeführten Tabelle finden Sie alle Regelungen für die Oberstufe, die zentralen Abiturprüfungen (ZAP) und die Abiturprüfungen zusammengefasst (Quelle: Beate Breimann, „Informationsschrift LRS-Erlass in NRW für Lehrkräfte“, S. 20).

LRS- Regelungen in der Oberstufe und im Abitur

OberstufeZentrale AbiturprüfungenAbiturprüfungen
Voraussetzung:
Erheblich
veränderungsresistente
LRS, als besonderer
Ausnahmefall, deren
Behebung bis zum Ende
der SEK I nicht möglich
war.

Schulische Förderung in
Sek I mit Dokumentation des
Förderplans – und
Förderergebnisses
Voraussetzung:
Erheblich
veränderungsresistente
LRS, als besonderer
Ausnahmefall, deren
Behebung bis zum Ende
der SEK I nicht möglich
war.

Schulische Förderung in
Sek I mit Dokumentation des
Förderplans – und
Förderergebnisses
Voraussetzung:
Erheblich
veränderungsresistente
LRS, als besonderer
Ausnahmefall, deren
Behebung trotz
schulischer, intensiver
und dokumentierter
Fördermaßnahmen nicht
möglich war.
Schulische Förderung in
Sek I und Gewährung von
Nachteilsausgleich in
Sek I mit Dokumentation
Gewährung von
Nachteilsausgleich:


Eltern stellen bei der
Schulleitung Antrag auf
Nachteilsausgleich.
Lehrer weisen anhand
von Dokumentationen
nach, dass individ.
Nachteilsausgleich auch
in Sek I bereits gewährt
wurde.

Die gewährte Form des
Ausgleichs muss auch in
der vorausgegangenen
Förderpraxis
dokumentiert worden
sein. Sie kann
weitergeführt werden.

Maßnahmen des
Nachteilsausgleichs:
z.B. Verlängerung der
Vorbereitungs-und
Prüfungszeit
separater Prüfungsraum, etc.
Gewährung von
Nachteilsausgleich:


Eltern stellen bei der
Schulleitung Antrag auf
Nachteilsausgleich.
Lehrer weisen anhand
von Dokumentationen
nach, dass individ.
Nachteilsausgleich auch
in Sek I bereits gewährt
wurde.

Die gewährte Form des
Ausgleichs muss auch in
der vorausgegangenen
Förderpraxis
dokumentiert worden
sein. Sie kann
weitergeführt werden.

Maßnahmen des
Nachteilsausgleichs:
z.B. Verlängerung der
Vorbereitungs-und
Prüfungszeit
separater Prüfungsraum, etc.
Gewährung von
Nachteilsausgleich im
Abitur

Eltern stellen bei der
Schulleitung Antrag auf
Nachteilsausgleich.
Lehrer weisen anhand
von Dokumentationen
nach, dass individ.
Nachteilsausgleich auch
in der Oberstufe bereits
gewährt wurde.

Schulleitung stellt den
Antrag bei der
Bezirksregierung.

Die gewährte Form des
Ausgleichs muss auch in
der vorausgegangenen
Förderpraxis zur
Anwendung gekommen
und dokumentiert
worden sein.

Maßnahmen des
Nachteilsausgleichs:
z.B. Verlängerung der
Vorbereitungs- und
Prüfungszeit
separater Prüfungsraum, etc.
Entscheidung trifft die
Schulleitung
Entscheidung trifft die
Schulleitung
Für die Gewährung des
Nachteilsausgleichs im
Abitur ist die
Bezirksregierung
zuständig
Fachliche
Leistungsanforderungen
bleiben unberührt, kein
Aussetzen der Benotung
der LR-Leistung.
Bei schriftl. Arbeiten
kann die Note aufgrund
mangelhafter
Rechtschreibleistung
herabgesetzt werden.
Fachliche
Leistungsanforderungen
bleiben unberührt, kein
Aussetzen der Benotung
der LR-Leistung.
Bei schriftl. Arbeiten
kann die Note aufgrund
mangelhafter
Rechtschreibleistung
herabgesetzt werden.
Fachliche
Leistungsanforderungen
bleiben unberührt, kein
Aussetzen der Benotung
der LR-Leistung.
Bei schriftl. Arbeiten
kann die Note aufgrund
mangelhafter
Rechtschreibleistung
herabgesetzt werden.

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