Brauche ich ein Gutachten für die Schule, damit der LRS-Erlass zur Anwendung kommt? Was tun, wenn die Schule das Gutachten nicht anerkennt?
Der LRS-Erlass in NRW sieht die Durchführung eines standardisierten Testverfahrens zur Feststellung einer LRS nicht zwingend vor. Ausschlaggebend für die Anerkennung der LRS und zur Gewährung von Nachteilsausgleichen sind die Beobachtungen der Deutschlehrkräfte und die Leistungen der Schülerinnen und Schüler. Diese müssen lt. Erlass mindestens drei Monate im unterdurchschnittlichen Bereich liegen. Somit ist auch das Vorliegen eines externen Gutachtens nicht verpflichtend.
Warum ein standardisierter LRS-Test sinnvoll ist
Aus folgenden Gründen ist die Durchführung standardisierter Lese- und Rechtschreibtests jedoch sinnvoll (angelehnt an die „Informationsschrift zu LRS für Lehrerinnen und Lehrer“ von Beate Breimann):
- Mit einem LRS-Test wird der Leistungsstand eines Kindes im Vergleich zur
Klassenstufe objektiviert. Das kann sowohl für die Lehrkräfte als auch für
die betroffenen Schüler/innen und Eltern eine Entlastung bedeuten und gibt
zudem den Lehrkräften Argumentationshilfen bei der Gewährung von
Nachteilsausgleichen. - Der standardisierte Test stützt die Entscheidung für Sondermaßnahmen und
rechtfertigt sie auch gegenüber Eltern von weniger stark betroffenen Kindern. - Ausmaß und Ausprägung der LRS werden mit standardisierten Testverfahren
objektiviert und geben nach eine qualitativen Fehleranalyse wichtige Hinweise für die Inhalte zusätzlicher
Fördermaßnahmen.
Eine ICD-Diagnostik sollte durchgeführt werden, wenn sich bereits Auffälligkeiten auf der Verhaltensebene zeigen oder wenn Eltern einen Antrag auf Finanzierung einer außerschulischen Förderung nach §35a SGB VIII stellen wollen.
Standardisierte LRS-Tests können durchgeführt werden von:
- der Schule selbst
- einer schulpsychologischen Beratungsstelle,
- Kinder- und Jugendpsychiatern
- lerntherapeutischen Praxen und Instituten
Was tun, wenn die Schule das Gutachten nicht anerkennt?
In einigen Fällen kommt es vor, dass die Schule Gutachten von privaten Instituten oder Praxen nicht anerkennt, um den LRS-Erlass anzuwenden, sondern an „neutrale“ Stellen verweist. Dies ist inhaltlich nicht zu begründen, denn es zeichnet ja gerade standardisierte Testverfahren aus, dass die Testergebnisse unabhängig von der durchführenden Person zu bewerten sind. Ob beispielsweise ein WRT (Weingartener Rechtschreibtest) oder ein DRT (Diagnostischer Rechtschreibtest) von einer Lehrkraft, einer Schulpsychologin oder einer Lerntherapeutin durchgeführt wird, ändert nichts an dem Ergebnis.
In unserem Blog finden Sie weitere Beiträge zum LRS-Erlass, seinen Inhalten und der Umsetzung.
In der Oberstufe können die Schutzmaßnahmen des Erlasses weiterhin angewandt werden, jedoch gelten dabei andere Vorschriften. Hierzu folgt an dieser Stelle bald ein eigener Beitrag.
Es grüßt herzlich,
Ihre Jennifer Bubolz
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