Welche Schule ist die richtige für mein Kind? – 10 Punkte, woran Sie eine gute Schule erkennen
Entscheidend für den Bildungserfolg, meint Erziehungswissenschaftler Peter Struck, sei nicht die Schulart, sondern die “Lehrerpersönlichkeit”. Nicht die Liga, sondern der Lehrer schafft den Mikrokosmos, in dem das Kind gedeiht – oder vor sich hin kümmert.
Die Frage ist also nicht nur, welche Schulart, sondern auch welche Schule ist die richtige für mein Kind? Eltern sollten nicht auf spätere Berufsaussichten starren, die sich binnen fünf Jahren ohnehin ändern, sondern herausfinden, wo es ihrem Kind gut geht. Richtig sein kann also auch eine gute Real- oder Hauptschule, eine Waldorfschule, eine Gesamtschule oder bei Kindern mit Lernschwächen eine Förderschule.
Was Sie bei der Wahl der richtigen Schulform berücksichtigen sollten
Bei der Wahl für die richtige Schulform können folgende Fragen behilflich sein:
- Äußert Ihr Kind mit Nachdruck und begründet den Wunsch, auf eine bestimmte Schule zu gehen?
- Wie selbständig arbeitet Ihr Kind?
- Welche Einstellung hat es zum Lernen, zur Schule und zu den Hausaufgaben?
- Wie viel Unterstützung hat es in der Grundschule benötigt?
- Welche Interessen, Stärken und Schwächen hat Ihr Kind und welcher Schultyp passt am besten zu diesen Voraussetzungen?
- Wie reagiert es auf Erfolge, wie auf Misserfolge?
Wählen Sie für Ihr Kind die Schule, die seinen im Zeitpunkt der Entscheidung erkennbaren Fähigkeiten am besten entspricht. Diese Schule wird seine Lernbereitschaft stärken. Lernbereitschaft ermöglicht Anpassung und Aufstieg in einer sich wandelnden Arbeits- und Berufswelt – Lernverdrossenheit steht beidem entgegen.
Woran Sie eine gute Schule erkennen
Nicht erst seit PISA fällt Eltern die Entscheidung schwer, auf welche Schule ihr Kind gehen soll. Noch allzu oft sind Schulen unbekannte Größen, über deren Qualität, Innovationsfreudigkeit und Engagement ein Außenstehender kaum urteilen kann – nicht zuletzt, weil viele Schulen erst langsam damit beginnen, diese Informationen offen zu legen. Wie also können Eltern und Schüler herausfinden, ob die nächstgelegene Schule eine gute Schule ist, die ihren Anforderungen entspricht?
Die Bertelsmann Stiftung verfügt über langjährige Erfahrung mit innovativen Schulen und Schulsystemen weltweit. Auf Grundlage dieser Erfahrung hat sie einen Fragenkatalog entwickelt, der Eltern dabei helfen soll, eine gute Schule zu identifizieren – oder auch die Schule zu hinterfragen, auf die Ihre Kinder bereits gehen. Der Katalog gilt ebenso für Grundschulen wie für weiterführende Schulen, unabhängig von der Schulart. Um Antworten auf die nachfolgenden 10 Fragen zu erhalten, können Sie
• die Informationsabende oder Schnuppertage besuchen, die mehr und mehr Schulen vor Beginn der Anmeldungszeiten veranstalten;
• im Schulsekretariat nach Unterlagen über die Schule fragen;
• die Homepage der Schule im Internet anschauen
• oder einfach den Schulleiter oder auch Lehrkräfte ansprechen.
Sie müssen dabei nicht alle 10 Fragen akribisch abarbeiten! Verstehen Sie diese als Anregung, worauf es sich zu achten lohnt, um eine gute Schule zu erkennen.
1. Was lernen die Schülerinnen und Schüler an dieser Schule?
Einer guten Schule geht es neben dem Erwerb von Fachwissen ausdrücklich auch um die Persönlichkeitsentwicklung ihrer SchülerInnen sowie um den Erwerb von Schlüsselkompetenzen wie z. B. Lesekompetenz, soziale Kompetenz, die Fähigkeit zum vernetzten Denken und die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen. Fragen Sie z. B., welche Lernziele das pädagogische Konzept der Schule ausweist, ob es besondere Fächer an der Schule gibt und welche Angebote der Wahlpflichtbereich in Jahrgang 9 und 10 bereit hält.
Es ist kein Gütesiegel für eine Schule, wenn sie möglichst viele Schüler sitzen bleiben lässt oder gar „abschult“. Gute Leistungen in einer Schule zeigen sich darin, dass kaum ein Schüler/eine Schülerin wiederholen muss und viele den Abschluss schaffen.
Welche Unterstützung bietet die Schule für schwächere SchülerInnen: Gibt es Hausaufgabenbetreuung seitens der Schule? Nachhilfe durch Ältere? Intensivierungs- oder Förderstunden? Gibt es Hilfestellung bei Schwierigkeiten, z.B. Legasthenie?
2. Wie lernen die Schülerinnen und Schüler an dieser Schule?
Der Unterricht ist das Kerngeschäft der LehrerInnen. Wenn ihr Unterricht gut ist, dann lernen die Kinder gut.
Eine gute Schule setzt im regulären Unterricht vielfältige Lernmethoden ein, um die oben genannten Lernziele zu erreichen. Die SchülerInnen werden systematisch zum selbstständigen Lernen angeleitet. Fragen Sie z. B., ob die Schüler mit Wochen- oder Lernplänen arbeiten, ob es Phasen “freier Arbeit” gibt, ob und inwiefern die Lehrkräfte auf den einzelnen Schülerinnen eingehen, ob und wie neue Medien zum Einsatz kommen und ob Projekte Bestandteil des normalen schulischen Lernens sind; sie sollten nicht nur als “Highlight” am Schuljahresende stattfinden, sondern immer dann, wenn sie in den Lehrplan passen.
Der eine lernt schnell, der andere langsam. Jedes Kind kann und will lernen. Die LehrerInnen respektieren diese Unterschiede. Und sie gehen konstruktiv mit den unterschiedlichen Bildungsstand und der unterschiedlichen Herkunft ihrer Schüler um.
3. Hat die Schule ein Schulprogramm?
Eine gute Schule weiß, was sie will, und schreibt dies in einem pädagogischen Konzept auf. Dieses Konzept oder “Schulprogramm” legt die Ziele (“Was lernen die Schüler”) sowie die Arbeitsschwerpunkte und Umsetzungswege der Schule (“Wie lernen die Schüler”) dar. Auch besondere Schwerpunkte wie der schulische Ganztag, die Musikförderung oder der zweisprachige Unterricht werden hier erläutert. Lehrkräfte, Schüler und Eltern stehen gemeinsam hinter diesem Konzept. Fragen Sie nach dem Schulprogramm der Schule.
4. Arbeiten die LehrerInnen im Team?
Um das Lernen für Schülerinnen und Schüler sinnvoll zu gestalten, müssen sich die Lehrer untereinander über die Lehrplaninhalte abstimmen. Zum Beispiel kann eine Lektüre im Deutschunterricht zusammen mit dazu passenden Fachinhalten der Biologie, Geschichte und Erdkunde verknüpft werden. Fragen Sie z. B., ob es neben den Fachkonferenzen regelmäßige Teamsitzungen der LehrerInnen einer Klasse oder Jahrgangsstufe gibt, in denen Unterricht fächerübergreifend abgestimmt und vorbereitet wird.
In diesem Zusammenhang ist auch interessant: Wie hoch ist der Unterrichtsausfall?
5. Bildet sich das Kollegium systematisch fort?
Eine gute Schule braucht gute Lehrerinnen und Lehrer. Gute Lehrkräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie selbst dazulernen wollen. Fragen Sie z. B., ob es im Kollegium gemeinsame Fortbildungstage gibt, zu welchen Themen diese stattfinden und ob die Lehrer sich gegenseitig im Unterricht besuchen.
Werden sie dabei von der Schulleitung unterstützt? Gibt es außer den Lehrern noch andere Fachkräfte (z.B. SozialpädagogInnen)?
6. Arbeitet die Schule mit anderen Partnern zusammen?
Eine gute Schule öffnet sich ihrem Umfeld. Durch den Besuch von “ExpertInnen” im Unterricht oder durch Praxisunterricht in Betrieben, Bibliotheken oder Museen können sich Schülerinnen und Schüler lebenspraktische und fachliche Fähigkeiten aneignen. Sie erhalten außerdem Anregungen für den eigenen Berufswunsch.
Fragen Sie z.B., wann und wo Unterricht auch außerhalb der Schule stattfindet, ob Experten von außerhalb den Unterricht mit gestalten und ob die Schule Partnerschaften pflegt, z. B. auch im Ausland.
7. Bewertet die Schule regelmäßig die Qualität ihrer Arbeit?
Eine gute Schule ist selbstbewusst und offen und arbeitet an sich. Sie weiß um ihre Stärken und Schwächen, und sie redet darüber. Sie stellt die Qualität ihrer Arbeit regelmäßig auf den Prüfstand und leitet aus den Ergebnissen Ziele und Maßnahmen ab, um immer besser zu werden. Sie hinterfragt nicht nur die Gesamtheit der Lernergebnisse der Schüler, sondern auch die Prozesse des Lehrens und Lernens, die Führung durch die Schulleitung und das Schul- und Lernklima. Fragen Sie nach derartigen Bestandsaufnahmen der Schule und ihren Ergebnissen.
Hat die Schule ein Leitbild? Kennen die Schüler dieses Leitbild und richten sie sich danach? Hat der Schulleiter eine Vision für seine Schule? Wie geht der Schulleiter mit Anregungen und Kritik um? Fragen Sie andere Eltern danach.
8. Werden die SchülerInnen, Eltern und “Abnehmer” der Schule regelmäßig nach ihrer Zufriedenheit mit der Schule gefragt?
Zu einer gezielten Qualitätsentwicklung der Schule gehört auch die Meinung der Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und der Einrichtungen, die die Schüler nach Verlassen der Schule aufnehmen (Schulen, Betriebe, etc.). Fragen Sie nach den Ergebnissen einer solchen Befragung.
9. Bezieht die Schulleitung das Lehrerkollegium, die SchülerInnen und Eltern in Entscheidungen und Planungen ein?
LehrerInnen, Schulleitungen, SchülerInnen und Eltern – sie alle fühlen sich wohl an der Schule. Sie ist keine Lernanstalt, sondern Lebensraum. Eine gute Schule legt großen Wert auf eine starke Schulgemeinschaft. Die Beteiligung von Lehrern, Schülern und Eltern an Entscheidungen und Planungen ist Voraussetzung dafür, dass sie sich aktiv einbringen und sich für die Arbeit der Schule engagieren. Fragen Sie z. B., wie das Schulprogramm entstanden ist und wie sich die Lehrkräfte, SchülerInnen und Eltern eingebracht haben.
10 . Fördert die Schule die aktive Elternarbeit?
Wenn Eltern und LehrerInnen an einem Strang ziehen, sind die Anstrengungen der Schüler und Schülerinnen erfolgreicher. In regelmäßigen Gesprächen zwischen Eltern, Lehrern und Schülern werden nicht nur die Lernschwierigkeiten, sondern auch die Lernerfolge der SchülerInnen thematisiert; gemeinsam werden Entwicklungsziele und -maßnahmen festgelegt. Fragen Sie z.B., wie oft Gespräche zwischen Ihnen, Ihrem Kind und den Lehrern stattfinden werden und was bei diesen Gesprächen thematisiert wird.
Gibt es einen Förderverein?
Und zu guter Letzt: Augen auf!
Gehen Sie in der Pause über den Schulhof:
Wirkt die Schule auf Sie offen und freundlich? Sind die Fenster von innen geschmückt? Gibt es z.B. einen Schulgarten oder andere selbstgemachte „Arbeiten“? Wie ist der äußere Eindruck der Schule? Sind Gebäude und Gelände von Schmierereien und Vandalismus geprägt? Auch ein sanierungsbedürftiges Gebäude kann Freundlichkeit ausstrahlen!
Beobachten Sie die LehrerInnen in der Pausenaufsicht und die SchülerInnen: Sprechen sie miteinander? Gehen sie respektvoll und freundlich miteinander um? Wie werden Streitfälle geklärt? Gibt es Streitschlichter?
Wird an der Schule regelmäßig gefeiert? Was für AG’s gibt es?
Wir hoffen, diese Fülle an Informationen gibt Ihnen einen Kompass an die Hand, mit dem Sie im Dschungel der Entscheidungsfindung zu einer guten Schulwahl für Ihr Kind finden.
Es grüßt herzlich,
Ihr I.D.L.-Team