Drei Schlüssel für erfolgreiches Lernen
Zum Einstieg eine persönliche Anekdote, die ganz wunderbar zum Thema passt:.
Seit einer Woche weiß ich, dass ich diesen Beitrag zum Thema Motivation bis zum Ende der Woche fertig haben möchte, damit er zum vereinbarten Termin veröffentlicht wird und ich mich mit wohlgeordnetem Schreibtisch und gutem Gewissen in den Urlaub verabschieden kann. Seitdem sind mir jeden Tag neue und andere Tätigkeiten „dazwischen“ gekommen, die mich davon abhielten. Und dann brauchte ich doch unbedingt auch mal einen Tee. Oder ich war leider die Erste am Telefon. Jetzt drängt die Zeit mittlerweile gewaltig – es ist Donnerstagnachmittag. Kennen Sie das auch?
Was ist hier passiert?
Genau diesen Fragen möchte ich mich heute in diesem Beitrag widmen:
- Was haben Hoffnung, Motivation und Erwartungen mit unserem täglichen Handeln zu tun und welche Bedeutung hat das für´s Lernen?
- Was bedeutet das für Kinder mit einer LRS oder Rechenschwäche?
- Wie können wir unsere Kinder und Schülerinnen und Schüler darin unterstützen, einen positiven Bezug zum Lernen zu entwickeln?
Bedeutung von Hoffnung, Motivation und Selbstwirksamkeit für unser Handeln
Niemand kann belehrt werden, der nicht lernen will. Diesen Zusammenhang weisen mittlerweile ausreichend viele Studien nach. Unmotivierte, hilflose, überforderte oder verunsicherte Kinder werden daher nur unzureichend für neue Lerninhalte zu begeistern sein.
Der Schlüssel, um diese Situation zu drehen, liegt in der Motivation, dem Willen also, mich auch gegen Widerstände und Anstrengung auf ein Ziel einzulassen und dranzubleiben.
Studien weisen nach, dass der positive Zusammenhang zwischen Motivation und Lernleistung sehr viel stärker ist als der zwischen Intelligenz und Lernleistung.
Hierbei sind zwei positive Gefühle von großer Bedeutung: Hoffnung und Selbstwirksamkeitserwartung. Nur wer Hoffnung auf Erfolg hat, lernt. Daran zu glauben, dass eine Lernanstrengungen einen Sinn hat und ich den Herausforderungen grundsätzlich gewachsen bin, lässt Lernende die Widerstände überwinden, die Lernen, und damit eine Verhaltensveränderung, erstmal mit sich bringt.
Eine positive Selbstwirksamkeitserwartung meint in dem Zusammenhang, sich selbst eine Leistung zuzutrauen und den eintretenden Erfolg auf eigene Anstrengungen und Fähigkeiten zurück zu führen.
Eine starke und positive Selbstwirksamkeitserwartung, z.B. im Fach Mathematik („Ich kann Mathe!“), geht einher mit einer ausgeprägten Leistungsbereitschaft und guten Erfolgen. Wohingegen nachgewiesenermaßen negative Selbstwirksamkeitserwartungen auch schlechtere Leistungen mit sich bringen.
Vereinfacht ausgedrückt: Die Kinder, die sich selbst nicht zutrauen, eine Klassenarbeit in Mathematik zu bewältigen, können nur schwerlich die nötige Motivation aufbringen, sich ausreichend gut vorzubereiten und konzentriert zu arbeiten.
Dieser kurze Exkurs sollte schon deutlich gemacht haben: wenn es darum geht, etwas Neues zu lernen, führt an der Motivation kein Weg vorbei.
Wenn unser Leben einem Segelboot gleicht, lässt uns die Hoffnung das Boot beherzt besteigen, die positive Selbstwirksamkeitserwartung lässt uns auch im Unwetter den Kurs halten, so dass wir gerüstet sind, um mit der Motivation als Wind Fahrt aufzunehmen und unsere Ziele zu erreichen.
Motivation und Lernen – Kinder mit besonderem Lernbedarf
In unserem Blogbeitrag zu den Sekundärsymptomen bei Kindern mit Lernschwächen bin ich bereits auf den Teufelskreis eines negativen Selbstkonzeptes und schulischen Leistungen eingegangen. Genau über die oben benannten Schlüssel zu erfolgreichen Lernerfahrungen verfügen unsere Kinder nur unzureichend oder z.B. nur in Sport. Oder Musik. Oder beim Computerspielen.
Kinder mit jahrelangen schulischen Misserfolgserfahrungen leiden häufig unter Ängsten, Kontrollverlust, Selbstwert- und Selbstwirksamkeitsproblemen, die sich in allen Lebensbereichen zeigen können. (Hierzu lesen Sie auch unseren Blogbeitrag zu Sekundärsymptomen).
Genau deshalb ist es für diese Kinder umso bedeutsamer, ihre Hoffnung in ein sinnvolles und erfolgreiches Lernen zu wecken und ihnen zu vermitteln, dass sie selbstwirksam dazu beitragen können, das Lesen, Schreiben oder Rechnen eben doch zu erlernen. Wenn das gelingt, wird auch die Motivation mit ins Boot kommen.
Sollten diese Symptome schon deutlich ausgeprägt sein, braucht das Kind professionelle Unterstützung, um wieder von selbst einen gesunden Kurs einschlagen
zu können.
Was wirklich hilft bei Unlust, Schweinehunden und Frustration
Wenn es aber erstmal darum geht, dass Sie als Eltern oder als Lehrperson positive Impulse setzen wollen, können folgende Handlungsideen hilfreich sein. Diese basieren auf einer Ausarbeitung von Frau Prof. Michaela Brohm, der Expertin im Fach Positive Psychologie in Deutschland, die uns freundlicherweise diese Empfehlungen für Kinder mit besonderem Lernbedarf zur Verfügung stellt.
- Gehen Sie fest davon aus, dass Menschen wachsen wollen. Es geht um das positive Potential, das jedes Kind mitbringt. Eine optimistische Haltung gegenüber den Kindern führt zu einer deutlich verbesserten Leistungsbereitschaft. Geben Sie ihrem Kind/Schüler das Gefühl, ein wichtiger Mensch zu sein, der schon viel kann und vieles andere nur noch nicht kann.
- Ein positives Lernklima steigert das Wohlbefinden von Kindern, Jugendlichen und Lehrpersonen. Es steigert die Leistungsbereitschaft und –orientierung. Es wirkt sich positiv auf die psychische und physische Gesundheit aller Beteiligten aus. Und es fördert die soziale Kompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung der SchülerInnen. Ein positives Lernklima wird gefördert durch eine optimistische, wertschätzende, aufmunternde Kommunikation, die Offenheit und Neugierde fördert.
- Lernen am Modell ist immer noch eine der stärksten, empirisch nachgewiesenen Wirkkräfte in (pädagogischen) Beziehungen. Das bedeutet, wenn wir wollen, dass unsere Kinder/SchülerInnen hoffnungsvoll, selbstwirksam und motiviert arbeiten, so müssen wir selbst hoffnungsfroh, selbstwirksam und motiviert arbeiten.
- Der Fokus liegt auf den Fortschritten. Und wenn auch das Schreiben, Lesen oder Rechnen noch nicht besser wird, so bestimmt die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Auch das ist ein Fortschritt. Rückmeldungen müssen dabei gar nicht immer groß und breit ausformuliert werden. Oft reicht ein anerkennendes Kopfnicken oder ein ermutigendes Lächeln. Die Kinder sollten selbst lernen, auf diese (kleinen) Fortschritte Acht zu geben und sie im Aufbau ihres Selbstkonzeptes als Grundstein zu nehmen. Nichts motiviert mehr als Fortschritte.
- Willenskraft und Selbstdisziplin sind die Erfolgsgaranten für gute Leistungen. Willenskraft entwickelt sich auf Grundlage von Erfolgserfahrungen. Was tun, wenn eben genau diese positiven Erfahrungen ausbleiben?
Wichtig für die Entwicklung von Willenskraft sind Ausdauer, Entschlossenheit und Zielstrebigkeit. Diese drei Merkmale können u.a durch folgende Handlungen gestärkt werden:
– Feste, errreichbare und herausfordernde Ziele setzen.
– Positive kognitive Bilder schaffen zu dem was man tut „Lernen ist geistige Arbeit. Geistige Arbeit ist faszinierend.“, „Ich kann noch nicht fehlerfrei schreiben, aber ich lerne es.“
– Feste Arbeitsgewohnheiten einrichten und Störenherde ausstellen, z.B. Handy.
– Bei absoluter Unlust Abmachungen mit sich selbst treffen, z.B. “Ich mache jetzt konzentriert 10 Minuten meine Hausaufgaben. Wenn ich dann immer noch keine Lust habe, dann höre ich auf und mache später weiter.“
– Fortschritte wahrnehmen und sich daran freuen, Fortschritte haptisch spürbar machen, z.B. nach jeder bewältigten Aufgabe eine Murmel von einem Glas in ein anderes füllen.
Ich hoffe, Ihnen gibt dieser Beitrag einige Anregungen mit auf den Weg, wie Sie Ihr Kind oder ihre Schülerinnen und Schüler darin unterstützen können, sich auf ihren (Lern-)Weg zu machen. Und ich mache mich nun auf den Weg in meinen Urlaub- mit der aufs neue bestätigten Erfahrung, dass beharrlich an einer Aufgabe zu arbeiten dann doch zum gewünschten Ziel führt.
Es grüßt herzlich,
Ihre Jennifer Bubolz (Oktober 2015)